Mein Lebenslauf, Kagayaki Miyazaki1. Geboren in Shimabara

Seit nunmehr 22 Jahren bin ich Geschäftsführer der Asahi Chemical Industry Co., Ltd. Wohl kaum jemand kann sich mit mir messen, wenn es um die Länge der Dienstjahre als Geschäftsführer geht - nicht nur in der Textilindustrie, sondern auch unter börsennotierten Unternehmen im Allgemeinen.

Eine so lange Karriere als Leiter eines Unternehmens stellt keinen Wert an sich dar, auf den man sich etwas einbilden kann. Um ehrlich zu sein, diese 22 Jahre sind im Flug vergangen, während ich völlig auf den Aufbau des Geschäftes konzentriert war.
Ein jedes Mal, wenn sich meine Amtszeit dem Ende zuneigte, tauchten Gerüchte und Spekulationen über mögliche Nachfolger oder meinen angedachten Rücktritt in verschiedenen Zeitungen oder Zeitschriften auf, ein wenig gehässig, ein wenig neugierig. Für Medienschaffende ist es wohl unvermeidlich, solche Botschaften zu verbreiten. Ich frage mich also, ob solche Journalisten, die sich nun einmal nicht mit Personalfragen beschäftigen, etwas davon verstehen. Vielleicht habe ich irgendwann einmal die Gelegenheit, darüber zu schreiben, dann könnte ich erläutern, wie man Personalentscheidungen trifft und insbesondere die Frage einer Nachfolge löst. Heute und hier ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Doch lassen sie uns wieder dem Thema zuwenden. Mit meinem Beitrag zur Serie „Mein Lebenslauf" möchte ich einen Abschnitt in meinem langen Geschäftsleben markieren. Ich werde mich auch weiterhin der Geschäftsleitung widmen und das Unternehmen mit ganzer Kraft nach vorne bringen. Ich habe das große Glück, dass meine Energie, Tatkraft und Vitalität bisher nicht gelitten haben. Als ich mich kürzlich erst einer Routineuntersuchung unterzog, waren keine Unstimmigkeiten feststellbar. Für diese robuste Gesundheit bin ich sehr dankbar.

Ich wurde am 19. April 1909 in der Ortschaft Yamada, heute Azuma-cho, in der Gemeinde Minamitakagi der Präfektur Nagasaki geboren - also werde ich noch in diesem Jahr mein 74. Lebensjahr vollenden.
Die Ortschaft Yamada liegt auf der Ariake-See-Seite der Shimabara-Halbinsel, in deren Mitte der Vulkan Unzen seine berühmten Gipfel aufragen lässt. Die Ortschaft kann man mit der Shimabara Eisenbahnlinie von der Stadt Isahaya aus in etwa 20 Minuten erreichen. Damals war es eine Ansiedlung mit ungefähr 5.000 Einwohnern. Das Klima dort ist mild, Schneefall erlebt man nur selten. Die Bewohner sind warmherzig und bodenständig.

Mein Vater, Matsunosuke, war fleißig und strebsam, er war mit den Werken der chinesischen Klassiker vertraut. Selbst ohne akademische Ausbildung verschlang er chinesische Literatur und versuchte autodidaktisch immer tieferes Wissen zu erlangen. Vielleicht weil er so diszipliniert war, erzog er uns Kinder sehr streng und sagte uns immer: „Lernt fleißig damit ihr für die Allgemeinheit nützlich seid!"
Er war ein aufmerksamer, sozialer Mensch. Wann immer es etwas zu organisieren gab, bei jeder Veranstaltung im Dorf, übernahm er die Ausrichtung und Verwirklichung. Gab es einen Streit, bot er sich als Schlichter an. Als Kindheitserinnerung sehe ich noch heute, wie verschiedene Dörfler zu uns kamen und meinen Vater um Rat fragten. Mein Vater erzählte uns immer, dass unsere Vorfahren Samurai gewesen seien; ich glaube, er war ein nobler Mensch und er verhielt sich immer wie eine väterliche Figur gegenüber den Schwächeren.
Der Gelderwerb war dagegen seine schwache Seite. Zum Glück war meine Mutter Sue die Tochter eines Grundbesitzers aus dem Nachbardorf - so besaß sie etwas Land und die Erträge reichten für ein einfaches normales Leben, reich waren wir aber keineswegs.

Meine Mutter war eine lebenskluge Frau, die sich immer bemühte, den Wünschen meines Vaters nachzukommen, der schwer zufriedenzustellen war. Zu dieser Zeit herrschten noch altertümliche Vorstellungen. Als sich meine Mutter einmal an unserer Kopfkissenseite vorbeidrückte, wurde mein Vater ärgerlich. „Wie kannst Du als Frau es wagen, oberhalb vom Kopf eines Mannes vorbeizugehen?" rief er wutentbrannt.
Gebadet hat mein Vater stets als erster, es folgten die Kinder, meine Mutter musste immer zuletzt ins Bad. Das war einfach die festgelegte Reihenfolge in unserer Familie, die heutige Jugend kann sich so etwas vielleicht gar nicht mehr vorstellen. Meine Mutter beklagte sich nie, ordnete sich meinem Vater unter und erzog uns Kinder sehr liebevoll. Ich glaube, dass mein Vater sich dank seiner verständnisvollen Frau frei entfalten konnte.
Wir waren vier Geschwister, alles Brüder, mit Namen: Todoroki, Kagayaki, Hibiki und Hikari in der Reihenfolge ihrer Geburt, in der Bedeutung: „Donner", „Leuchten", „Klang" und „Licht", jedes mit nur einem Kanji geschrieben. Die Namen klingen fast wie in der Tabakwerbung und ich vermute, mein Vater hat sie einem chinesischen Buch entnommen. Wenn ich jetzt gerade unsere Namen betrachte, erahne ich etwas von der Erwartung, die mein Vater in uns setzte.
Von uns Vieren wurde der jüngste, Hikari, ins Elternhaus unserer Mutter adoptiert. Er starb schon früh, als erster von uns. Der Zweitjüngste, Hibiki, der eine Brauerei betrieb, starb in diesem Jahr an der Strahlenkrankheit, die er sich als Folge des Atombombenabwurfs zugezogen hatte. Mein zwei Jahre älterer Bruder lebt immer noch. Er war früher stellvertretender Schulleiter einer Mittelschule, Schulleiter einer Grundschule, Leiter eines lokalen Bildungsausschusses, und außerdem war er als Mitglied des Personalausschusses der Präfektur tätig. Heute dagegen sitzt er im Vorstand eines Unternehmens. Als Familienoberhaupt pflegt er das Grab der Familie.

Mein Vater wurde 64 Jahre alt. Meine Mutter erreichte das 78. Lebensjahr, was zu ihrer Zeit ein hohes Alter war. Wir beiden verbliebenen Brüder möchten noch so lange wie möglich leben, weil wir die Verpflichtung fühlen, für unsere früh verstorbenen Brüder zu leben.

  • Kagayaki Miyazaki