Mein Lebenslauf, Kagayaki Miyazaki10. Vordringen in den Bereich Acryl

Seit der Zeit, als Rayon die beispiellose Flaute erlebte, hatte Asahi Chemical nach einer Gelegenheit gesucht, im Bereich Kunstfasern voranzukommen. Im Herbst 1952 hatte bereits das Unternehmen Toyo Rayon Co., Ltd. (heute: Toray Industries, Inc.) Nylon auf den Markt gebracht und zusammen mit dem Unternehmen Teijin eine Polyester-Technologie aus England eingeführt. Die Textilindustrie stand vor großen Veränderungen weg von den herkömmlichen Hauptgeschäftsfeldern wie Naturfasern und regenerierten Fasern hin zur Kunstfaser.
Asahi Chemical, das bei der Weiterentwicklung der Kunstfaser in Rückstand geraten war, musste sich beeilen. Das Problem bestand in der Frage, welche Faser man voranbringen wollte. Damals zeigte Nylon ein explosionsartiges Wachstum.
Somit wäre es eigentlich vernünftig gewesen, ebenfalls auf Nylon zu setzen. Asahi Chemical jedoch brachte Acryl voran. Dies lag daran, dass das Unternehmen sich schon vor dem Krieg mit der Erforschung dieser Faser befasst hatte und die Markteinführung im Jahr 1955 plante. Im Juli 1957 wurde in Nobeoka eine Pilotanlage mit einer täglichen Produktionskapazität von einer Tonne errichtet.
Zu dieser Zeit führten auch Toyobo und Mitsubishi Rayon Technologien aus dem Ausland ein und die Kommerzialisierung von Acryl schritt voran, so dass wir nicht tatenlos zusehen konnten. Im April 1958 wurde ich zum Direktor befördert. In Absprache mit dem Geschäftsführer begann ich mit der gezielten Suche nach einem Fabrikgelände. Im Juli desselben Jahres sicherten wir uns in der Stadt Fuji, Präfektur Shizuoka, ein Grundstück mit einer Fläche von rund 76 Hektar.
Wir begannen sofort mit der ersten Bauphase und vollendeten im Mai 1959 zu einem Preis von 5,6 Milliarden Yen eine Fabrik mit einer täglichen Produktionskapazität von zehn Tonnen.
Dies war die Geburt der Acrylfaser „Cashmilon™“. Die beliebte Fernsehsendung „Tausendundeine Nacht der Stars“, die mit dem Werbespot „Feel this touch – a good touch – the Cashmere touch“ begann, lief zu dieser Zeit auf allen Fernsehern im ganzen Land. Jedoch hatte Cashmilon ganz im Gegensatz zu der heiteren Melodie des Werbesports unerwartet hart zu kämpfen. Dies lag daran, dass die aufgrund sukzessiver Qualitätsverbesserung nacheinander auf den Markt gebrachten Produkte für Verwirrung bei den Anwendern sorgten.

  • Miyazaki zu Besuch im Werk Fuji

Wesentlicher Ausgangsstoff von Cashmilon war das Monomer Acrylnitril, das durch Polymerisation hergestellt wird. Da jedoch der Herstellungsprozess noch nicht etabliert war, kam es vor, dass bei kleinen Veränderungen der Prozesse Faserstaub in der Fabrik umherflogen. Auch beim Färben konnte es passieren, dass sich das Farbfinish von einem Tag auf den nächsten veränderte. Es versteht sich von selbst, dass sich ein solches Produkt nicht verkaufen ließ und das Lager überquoll. Gegenüber einem Kapital von 4,76 Milliarden Yen erreichten die unprofitablen Lagerbestände einen Betrag von 6,5 Milliarden Yen. Weil man die große Fabrik Fuji in einem Zuge errichtet hatte, war die Zins- und Tilgungslast enorm und das Geschäftsergebnis verschlechtere sich rapide. Der Tiefpunkt war mit der Halbjahresbilanz des im März 1961 endenden Geschäftsjahrs erreicht, als der Reingewinn auf ein Drittel der Vorjahresperiode gefallen war und sich auf 310 Millionen Yen belief. Auch die Dividende musste von zwölf Prozent auf vier Prozent gesenkt werden. Gleichzeitig achteten wir jedoch darauf, die negativen Auswirkungen auf unsere Aktionäre zu beschränken, indem wir ihnen unentgeltlich neue Aktien im Verhältnis 1:1,8 zur Anzahl der gehaltenen Aktien aushändigten. Da der Reingewinn von Toray zur gleichen Zeit fünf Milliarden Yen überschritt, hatte das Unternehmen nun endgültig einen großen Vorsprung vor uns.
Unter diesen Umständen erkrankte Geschäftsführer Takenobu Kataoka vor Sorge so schwer, dass ihm seine Dienstverrichtung schwerfiel. Daher übernahm ich seine Nachfolge und wurde im Juli 1961 im Alter von 52 Jahren zum Geschäftsführer ernannt.
Um unser Geschäft zu stärken, entließ ich umgehend zwanzig Prozent der Mitarbeiter der Managementabteilung und investierte in den Absatz von Cashmilon.
Als nächstes bewarben wir das freiwillige Ausscheiden von eintausend Mitarbeiterinnen aus Doppelverdienerhaushalten. Diese schlugen uns vor, ihnen erst Geld zu zahlen, wenn sich die Geschäftsergebnisse verbessert hatten, und ließen ihre Abfindung unberührt in Form einer firmeninternen Spareinlage zurück. Ich muss nichts eigens erwähnen, dass dies eine große Hilfe für die Geldbeschaffung war. Ich dachte, dass das Unternehmen damit wieder auf die Beine kommen würde. Das Wohlwollen dieser Frauen habe ich bis heute nicht vergessen. Es war auch zu dieser Zeit, dass wir einen Teil der Boni in Form von Decken aus Cashmilon und des Gewürzes „Asahiaji“ auszahlten.
Danach wurde Koichi Kosho, ein ehemaliges Vorstandsmitglied, als Leiter der für das Cashmilon-Geschäft zuständigen Abteilung eingesetzt. Er war der Mann, der in der Vergangenheit, als sich die Bemberg-Seide nicht vom Produkt Rayon aus derselben regenerierten Faser differenzieren konnte und daher der Absatz schwierig war, verschiedene neue Ideen eingebracht hatte – so zum Beispiel das sogenannte Chop-System, ein Vermarktungssystem des Produkts als hauseigene Textilmarke, sowie ein System, bei dem Subunternehmer von Asahi Chemical im Rahmen eines Werkvertrags Fasern webten. So war schließlich der Absatz von Bemberg-Seide auf den rechten Weg gebracht worden.
Kosho hatte einiges an Marketing betrieben und letztendlich sprach er anstelle von Unternehmen aus der Tuchbranche Hersteller von Strickwaren an und konzentrierte sich gleichzeitig auf deren Stärkung. Dadurch hatte er einen neuen Markt für Cashmilon erschlossen. Selbstverständlich betonte er gegenüber den Technikern die Wichtigkeit einer stabilen Qualität sowie das sogenannte „Prinzip der 80 Punkte“, das bedeutet, Produkte herzustellen, die in möglichst vielen Bewertungsmerkmalen zumindest 80 von 100 Punkten erreichen und somit eine gute und stabile Qualität garantieren.
Es war auch der Verdienst der Bemühungen von Kosho, dass es zu einem Strickboom kam und sich Cashmilon zu einer wichtigen Säule des Geschäfts von Asahi Chemical entwickelte. Auch die Anfrage des italienischen Unternehmen ANIC S.P.A. nach der Einführung unserer Technologie leistete einen großen Beitrag dazu, dass die hervorragende Qualität von Cashmilon im In- und Ausland anerkannt wurde.
Zu meinem großen Bedauern verstarb Kosho, der sich größte Verdienste erworben hatte, im Juni 1964 im jungen Alter von nur 48 Jahren.

  • Cashmilon&trade für Acryl-Bettwäsche Baumwolle