Mein Lebenslauf, Kagayaki Miyazaki2. Ausgeprägter Ehrgeiz

Als Junge war ich klein und nicht unbedingt kräftig gebaut, dafür aber sehr ehrgeizig. Wahrscheinlich durch die Erziehung durch meinen Vater habe ich einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Die Honoratioren des Dorfes waren seinerzeit der Dorfvorsteher, der Schulleiter und der Arzt. Deren Kinder schwelgten im Ansehen ihrer Eltern und schikanierten oft die anderen Kinder. Damals war ich empört über eine solche Ungerechtigkeit. Eines Tages verwarnte ich ein solches Kind: „Sei nicht so überheblich!". Als ich kein Anzeichen von Reue feststellen konnte, stieß ich es zur Strafe in den Abwassergraben vor seinem Elternhaus. Meine Grundschule war die Yamada Grundschule (heute Azuma Municipal Otsuka Elementary School). Der Fußweg zur Schule betrug ungefähr 40 Minuten. Weil sie also viel zu weit von unserer Gemeinde entfernt lag, besuchten wir eine Außenstelle der Schule, die auf einem Hügel lag. Hierhin ging ich bis zum Abschluss der vierten Klasse.
Als Fünftklässler wechselte ich endlich zum Hauptschulgebäude. Leider hatten wir einen Klassenlehrer, der die Schüler unfair behandelt hat, besonders die Schüler aus unserer Außenstelle der Schule Einmal war es so heftig, dass ich mit einigen Mitschülern aus der Außenstelle der Schule zu unserem Schulleiter nach Hause ging und um Versetzung des Klassenlehrers nachsuchte. Ich erinnere mich daran, dass wir etwa ein Dutzend Schulkameraden waren, die aus Protest je einen Besen trugen und sich über die Unfairness beklagten.
Vielleicht aufgrund unseres Protestes wechselte der Klassenlehrer an eine andere Schule. An seine Abschiedsworte, nachdem er uns auf dem Schulhof zusammengerufen hatte, erinnere ich mich bis heute: „Shoja Hitsumetsu Esha Jori", dies ist eine buddhistische Lehre mit der Bedeutung: ‚Alle Lebewesen müssen einmal sterben und nach jeder Begegnung gibt es einen Abschied!'
Als Anstifter der Demonstration hätte man mich sogar von der Schule verweisen können, aber der Schulleiter war ein lebenserfahrener Lehrer, der mir im Gegenteil seit diesem Vorfall Respekt entgegengebracht hat.
Dieser Schulleiter war es nun, der mir Mut machte und mir nahelegte, die Mittelschule, diese entspricht der heutigen Oberschule, zu besuchen. Meine Eltern hatten eigentlich eine Normalschule, eine pädagogische Fachschule, für mich vorgesehen, da sie für mich eine Zukunft als Lehrer planten. Auf den dringlichen Rat des Schulleiters hin erlaubten sie mir aber dennoch die Mittelschule. Zu meiner Zeit versuchten die meisten begabten Kinder vom Lande, wie aus der Ortschaft Yamada, eine pädagogische Ausbildung zu erhalten, nur wenige besuchten eine Mittelschule. Ohne die Förderung durch diesen Schulleiter wäre ich nie geworden, was ich heute bin.
Ich ging dann auf die Shimabara Mittelschule (heute Shimabara High School) in der Trägerschaft der Präfektur Nagasaki in der Stadt Shimabara. Sie liegt von meinem Elternhaus ziemlich weit entfernt, so wohnte ich dort in einem Zen-Tempel namens Seiunji. Abermals war es der Schulleiter, der mir dies ermöglichte und mich hier vorstellte. Er musste dabei gedacht haben, dass ein Tempel, in dem man lernt, Körper und Geist in Einklang zu bringen, meine Persönlichkeitsbildung fördert.
Das Leben im Tempel war dann auch beileibe hart und hat mich körperlich und geistig sehr gefordert. Tag für Tag Aufstehen um vier Uhr morgens, Wischen der Haupthalle und der Korridore, Putzen der großen Tempelanlage und anschließend Meditation mit den Mönchen. Im Anschluss an den Gottesdienst bereitete ich das Frühstück, es war immer sehr viel Arbeit zu verrichten.
Das Frühstück war sehr einfach, jeden Tag gab es eine Suppe und ein Gemüse. Dennoch hat es mir geschmeckt, denn nach der morgendlichen körperlichen Arbeit hatte ich einfach Hunger. Nach der körperlichen Arbeit, jeden Morgen, fühlte ich mich frisch und auch seelisch gereinigt – diese Freude überwog damals alles. Mein Schulweg, vom Tempel zur Schule, betrug knapp zehn Minuten. Nach dem Unterricht musste ich mich sputen und ohne Umweg zurückkommen, da eine Menge Arbeit auf mich wartete. Ich sammelte alte Stupa-Holztäfelchen, abgestorbenes Geäst und Feuerholz als Brennstoff, heizte damit Bäder auf und bereitete das Abendessen vor. Spiel und Freizeit gab es für mich nicht. Abends machte ich Hausaufgaben, Unterrichtsvorbereitung oder Wiederholungen und las Bücher, aber begann auch Sutras mit Hilfe der Mönche zu studieren.
Der Tempel bezog zu dieser Zeit eine philosophische Zeitschrift, die „Ajia no Hikari", (Ex Orient Lux), es mag sein, dass der Tempel sie abonniert hatte. Ich habe sie oft gelesen. Nach anfänglichen Verständnisproblemen mit dem Inhalt kam ich einem Begreifen immer näher. In der Zeit der vierten und fünften Klasse der Mittelschule entwickelte sich so mein Interesse für indische Philosophie.
Die Mönche des Seiunji-Tempels gehören dem Soto-Zweig des Zen-Buddhismus an. Damals war mein erstes Lebensziel, in einen der beiden Haupttempel des Soto-Buddhismus, in den Soji-Ji oder in den Eihei-Ji, einzutreten und dort ein guter Mönch zu werden. Doch durch den täglichen Kontakt zu den Mönchen verblasste allmählich der Wunsch, den Weg des Buddha zu gehen. Ich war von der dekadenten Lebensführung der Mönche desillusioniert. Die Mönche hatten, wie mir schien, mehr mit Frauen, Trinken und Spielen zu tun, als die Laien. Heute nimmt man all dies vielleicht leichter. Aber damals war ich jung, noch in der Mittelschule und sehr enttäuscht. So habe ich also auf den religiösen Weg verzichtet.
Als Schülersprecher hielt ich die Abschiedsrede am Tag unseres Abschlusses, die letzten Worte sind mir bis heute erinnerlich: „… durch zu viele Wege verliert man seine Schärfe (verliert man sich in zu viele Studienwege, dann verliert man die Kernkompetenz.)"
Es war eine harte aber auch erfüllende Schulzeit.

  • Soto-Zen-Tempel, Kogaku-san Seiun-ji (Shimabara, Nagasaki-Präf.)