Mein Lebenslauf, Kagayaki Miyazaki17. Spazierengehen als Hobby

Als ich übrigens als Vorsitzender der japanischen Vereinigung für Kunstfasern zurücktrat, schickten mir die für das Resort Textilen zuständigen Reporter aller Medienunternehmen einen Stock. Mein Hobby war es, spazieren zu gehen und ich trug immer einen Stock bei mir, so dass die Reporter mir einen schenkten. Noch heute gibt es den aus den damaligen Mitgliedern bestehenden „Stock-Club“ und wir treffen uns mehrmals pro Jahr zu einem geselligen Beisammensein.

  • Miyazaki, der in der Nähe seines Zuhauses spazieren geht.

Nach ihren Hobbies gefragt, antworten wohl viele Menschen in meinem Alter normalerweise mit Golf, Mahjong, Gartenarbeit oder dem Genuss von Musik und Kunst.
Ich jedoch spiele weder Golf noch Mahjong und genieße selten Kunst. Mein einziges Hobby ist es, spazieren zu gehen. Man kann mich wohl einen „Langstreckengeher“ nennen.
Während der letzten 35 Jahre bin ich fast jeden Tag selbst bei Regen spazieren gegangen, es sei denn, es regnete sehr stark. Auch wenn ich im In- und Ausland auf Geschäftsreisen bin, spaziere ich natürlich durch die Stadt und ihre Parks.
Wenn ich in der Hauptgeschäftsstelle bin, steige ich auf dem Heimweg immer in Sangenjaya im Bezirk Setagaya aus dem Auto und laufe bis zu meinem Haus in Chitosefunabashi. Dafür brauche ich etwa eine Stunde und zwanzig Minuten. An freien Tagen stecke ich ein Handtuch und ein Hemd zum Umziehen in eine Plastiktüte und gehe etwa drei Stunden spazieren. Unterwegs kehre ich in ein Café ein, ziehe mich um und mache eine kurze Pause, bevor ich weiterlaufe.
Die wahre Freude am Gehen ist das Gefühl der Freiheit. Es gibt nichts, das ich mehr genieße, als unbekümmert zu laufen, ohne von jemanden dabei gestört zu werden. Auch freue ich mich beim Spaziergang darüber, wenn ich unterwegs feststelle, dass zum Beispiel eine Straße ausgebessert wurde oder neue Gebäude entstanden sind. Darüber hinaus ist Gehen auch gut für die Gesundheit, da es die Beine und Hüften trainiert.
In letzter Zeit ist Golf populär, aber dafür muss man morgens früh aufstehen und es gibt eine lästige Etikette. Das schlimmste daran ist, dass man sich mit seinen Mitspielern befassen muss. Sicher liegt es auch daran, dass ich ungeschickt bin, aber bevor ich früh aufstehe, um Golf zu spielen, schlafe ich lieber.
Ich habe wegen der großen Streiks von Nobeoka im Jahr 1948 mit dem Spazierengehen angefangen. Als nämlich die Streiks beschlossen wurden, dachte ich, dass man die Energie der jungen Leute irgendwie kanalisieren müsse, bevor es zu einer erneuten Explosion kam. Und so empfahl ich ihnen das Laufen.
Einfach loszulaufen kostet kein Geld und ehrlich gesagt hatte ich nicht das Kapital, um eine Sporthalle zu bauen. Auf diese Weise wurden talentierte Sportler im Marathon und Stafettenlauf hervorgebracht, wie zum Beispiel die Zwillingsbrüder Shigeru und Takeshi So. Da ich selbst jedoch nicht laufen konnte, entschied ich mich fürs Spazierengehen. Dies war meine ursprüngliche Motivation dafür.
Ich wurde damals auch mehrfach zum Golfen eingeladen, aber ich war ja als Personalverantwortlicher auch dafür zuständig, die Gehaltserhöhungen der Angestellten einzudämmen und ein Arbeiter konnte es sich damals schließlich nicht leisten, Golf zu spielen. Es mag affektiert klingen, aber ich war der Meinung, dass eine Person, die mit den Arbeitnehmern über Gehälter verhandelt, sich keinen Luxus wie Golfspielen gönnen sollte, und daher habe ich nie damit angefangen.
Während ich spazieren gehe, denke ich meistens über meine Probleme nach. Es gibt auch zweifelnde Stimmen, die meinen, auf diese Weise könne ich doch nicht entspannen, aber das stimmt nicht. Auch wenn man seinen Kopf benutzt, kann man das Gefühl der Freiheit hinlänglich genießen. Vor allem kommen einem äußerst gute Ideen, wenn man beim Gehen über die Dinge nachdenkt.
Ist man jedoch allzu sehr in seine Gedanken vertieft, dann kommt es manchmal vor, dass man unerwartete Fehler macht. Ich glaube, es passierte, als die Casimilon-Flaute um das Jahr 1960 ihren Tiefpunkt erreicht hatte. Nach einem Treffen in der Fabrik Fuji ging ich spazieren und dachte an nichts anderes als daran, wie ich diese schwierige Krise überwinden könnte. Es gab keine Straßenlaternen und es war bereits dunkel geworden. Es hatte aufgehört zu regnen, aber ich hatte gar nicht bemerkt, dass die Straße schlammig geworden war und fiel in ein großes Loch einer Straßenbaustelle.
Ein anderes Mal überquerte ich tief in Gedanken sogar eine Straße bei Rot und erzürnte einen Polizisten damit. Seine damalige Mahnung machte ich mich betroffen. Er sagte nämlich: „Sie haben doch bestimmt süße Enkel… (Sie müssen ihnen doch ein Vorbild sein.)“
Ich überfliege alle Arten von Zeitungen und Zeitschriften, aber im Fernsehen schaue ich mir nur Nachrichten an. Auch Romane lese ich nicht. Zu Hause lese ich ausschließlich Unterlagen und Berichte aus der Firma und denke über diese und jene Maßnahmen nach. Das macht mir deutlich mehr Spaß, als Fernsehserien anzuschauen. Tatsächlich ist vielleicht meine Arbeit mein Hobby.

  • Miyazaki macht einen Spaziergang im Hibiya-Park.